Procalcitonin: Unterschied zwischen den Versionen

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(kein Unterschied)

Version vom 2. März 2023, 10:05 Uhr

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Einführung

Procalcitonin ist das Prohormon des in den C-Zellen (Synonym: parafollikuläre Zellen) der Schilddrüse gebildeten Calcitonins. Neben der Schilddrüse wird PCT auch in neuroendokrinen Zellen der Lunge und des Pankreas synthetisiert. Anschließend kommt es zu einer enzymatischen Spaltung in (unreifes) Calcitonin, Katacalcin und das N-terminale Ende. Während bei gesunden Menschen PCT nur in geringen Mengen im Blut nachweisbar es, kommt es nach insbesondere bei einer bakteriellen Infektion durch freigesetzte Endotoxine und Entzündungsmediatoren zu einem Anstieg der Konzentration im Blut. Ausgehend von der Annahme, dass viele Gewebe PCT bilden können, können stark erhöhte Werte insbesondere bei Patienten mit Sepsis beobachtet werden. Die Halbwertszeit beträgt 24 Stunden. PCT eignet sich daher als Marker zur Steuerung einer Sepsis und wird als solches beispielsweise seit 2018 von der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) empfohlen.

Indikation

  • PCT als Marker bei Sepsis Patienten
  • kann zur Vorhersage des Krankheitsverlaufs hinzugezogen werden
  • bei Atemwegsinfektionen kann PCT Bestimmung über Notwendigkeit einer Antibiotikatherapie zu Hilfe genommen werden


Einflussfaktoren

Ein erhöhter PCT-Spiegel ohne nachweisbare Infektion ist möglich bei:

  • anhaltendem oder schweren kardiogenen Schock
  • anhaltendes schwere Organperfusion
  • Kleinzelliges Bronchialcarcinom (SCLC)
  • medulläres C-Zell Carcinom der Schilddrüse
  • nach schwerem Trauma, oder größeren chirurgischen Eingriffen
  • nach schweren Verbrennungen
  • Behandlungen mit Medikamenten die die Freisetzung entzündungsfördernder Zytokinen fördern
  • bei Neugeborenen (< 48 Stunden nach der Geburt)


Störfaktoren

Unter bestimmten Störfaktoren kann es zu einer Abweichung der PCT-Konzentration von +/- 15% kommen:

  • Ikterus
  • Hämolyse
  • Lipämie


Einheit

  • ng/ml


Cut-off

  • pyhsiologisch < 0,05 ng/ml
  • < 0,5 ng/ml als Norm für Fehlen einer Infektion


Die hier stehende Übersicht entstammt der Konsensuskonferenz des American College of Chest Physicians und der Society of Critical Care Medicine. Allerdings sollte immer bedacht werden, dass die PCT-Konzentration im Serum bei gleicher Infektionsquelle individuell je nach Immunantwort der Patient*innen variieren kann. Daher muss die PCT-Konzentration immer im Kontext der klinischen Situation beurteilt werden. Die hier angegebenen Cutoff-Werte dienen daher nur zur Orientierung.

Sepsis
Sepsis
PCT Beurteilung
< 0,5 ng/ml Lokale bakterielle Infektion möglich. Systemische Infektion (Sepsis) unwahrscheinlich.
Niedriges Risiko für ein fortschreiten zur schweren systemischen Infektion.

Cave: PCT-Konzentrationen < 0.5 ng/ml schließen eine Infektion nicht aus, da lokalisierte Infektionen (ohne systemische Symptome) mit derart niedrigen Konzentrationen verbunden sein können.Wenn die PCT-Messung sehr früh nach Beginn der bakteriellen Infektion (< 6h) erfolgt, können die Werte noch niedrig ausfallen. In diesem Fall sollte PCT nach 6 – 24 Stunden erneut gemessen werden.

≥ 0,5 bis < 2 ng/ml Systemische Infektion möglich (Sepsis), aber verschiedene andere Erkrankungen können den PCT-Spiegel ebenfalls erhöhen.

Moderates Risiko für Fortschreiten zur schweren systemischen Infektion. Der Patient sollte engmaschig überwacht werden, sowohl klinisch als auch erneute PCT-Bestimmung nach 6 – 24 Stunden.

≥ 2 bis < 10 ng/ml Systemische Infektion (Sepsis) wahrscheinlich, sofern nicht andere Ursachen bekannt sind. Hohes Risiko für ein fortschreiten zur schweren systemischen Infektion
≥ 10 ng/ml Wesentliche systemische Entzündungsantwort, praktisch ausschließlich aufgrund von schwerer bakterieller Sepsis oder septischen Schock. Hohe Wahrscheinlichkeit der Entwicklung eines septischen Schocks


Infektionen der unteren Atemwege
Sepsis
PCT Beurteilung
< 0,1 ng/ml Deutet auf das Fehlen einer bakteriellen Infektion hin. Von der Gabe eines Antibiotikums wird stark abgeraten, auch bei Vorliegen einer beeinträchtigten Lungenreserve bei AECOPD.
0,1 bis 0,25 ng/ml Bakterielle Infektion ist unwahrscheinlich. Von der Gabe eines Antibiotikums wird abgeraten.
> 0,25 bis 0,5 ng/ml Bakterielle Infektion ist wahrscheinlich. Antibiotika-Behandlung wird empfohlen
> 0,5 ng/ml Deutet auf das Vorliegen einer bakteriellen Infektion hin. Antibiotika-Behandlung wird stark empfohlen.


Ambox important orange.svg.png Unabhängig vom PCT-Spiegel sollte bei klinisch instabilen Patienten, hohem Risiko für ein unerwünschtes Behandlungsergebnis, deutliche Hinweise für das Vorliegen einer bakteriellen Infektion eine Therapie mit einem geeigneten Antibiotikum eingeleitet werden.


Therapie-Evaluation

Das PCT eignet sich zur Steuerung einer Antibiotika-Therapie. Daher sollte nach initialer Bestimmung im Abstand von 3 bis 4 Tagen eine erneute PCT-Kontrolle erfolgen. Abweichend kann bei schwerst kranken und intensiv-pflichtigen Patienten in der initialen Behandlungsphase auch eine häufigere Bestimmung des PCTs durchgeführt werden. Hierbei sollten auch die entstehenden kumulativ nicht zu unterschätzenden Kosten bedacht werden. Natürlich dürfen sich diese Überlegungen nicht zu Ungunsten der Patient*innen auswirken.

„Absetzformel“:
  • PCTmax = höchste PCT-Konzentration
  • PCTaktuell = aktuelle PCT-Konzentration
  • ΔPCT = Änderung der PCT-Konzentration


ΔPCT = ((PCTmax – PCTaktuell) / PCTmax ) * 100
Die Antibiotika-Therapie kann beendet werden, wenn:

  • ΔPCT ≥ 80%
  • PCT ≤ 0,5 ng/ml


Ambox important orange.svg.png Hierbei muss aber immer auch der klinische Zustand des Patienten mit einbezogen werden.