West-Nil-Fieber
Das West-Nil-Virus (WNV) wurde 1937 erstmals in Uganda identifiziert und breitet sich seit einigen Jahren zunehmend in Europa aus und stellt eine zunehmende Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar. Seit 2018 ist das Virus auch in Deutschland nachgewiesen. Der Ausbreitung kommen die in den vergangenen Jahren zunehmend hohen Temperaturen zugute.
Erreger und Verbreitung
Bei dem West-Nil-Virus handelt es sich um ein behülltes RNA Virus, Genus Flavivirus, Familie der Flaviviridae. Die WNV Stämme werden dabei in die Subtypen 1 (WNV-1) und 2 (WNV-2) unterteilt. Es zählt zu den am weitesten verbreiteten Flaviviren. Betroffen sind in unterschiedlichen Ausmaß alle Erdteile. In Europa sind am häufigsten betroffen:
- Italien
- Griechenland
- Frankreich
- weite Teile des Balkans
- Teile Rumäniens, Tschechiens, Ungarns, der Slowakei und Österreich
- Türkei
Vereinzelt treten seit 2018 auch Infektionen in Deutschland auf. Am stärksten betroffen ist dabei der östliche Teil des Landes.
Das Virus wird über Mücken übertragen. Als Vektoren kommen hier eine Vielzahl von Mücken in Frage, v.a. die Gattungen Culex (Hauptvektor in Deutschland), Aedes und Ochlerotatus. Das Virus kann in den Mücken den Winter überdauern und im Folgejahr zu erneuten Übertagungen führen. Reservoir sind Vögel. Durch einen Stich kann es zu einer Übertragung von Vogel (Amplifikationswirt) auf Säugetier bzw. Mensch (Fehlwirte) kommen. Neben dem Menschen sind häufig Pferde betroffen. Eine Übersicht über die Situation bei Tieren liefert das Tierseuchen-Informations-System TSIS. Eine Übersicht der West-Nil-Virus-Zirkulation stellt das ECDC zur Verfügung.
Je nach Region ist die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion unterschiedlich. Während im Süden Europas Übertragungen bis in den November möglich sind, ist n Deutschland der Spätsommer prädisponierend. Bei sehr warmen Jahren, auch bis in den Früh-Herbst. Im Norden Europas wurden bisher noch keine Infektionen registriert.
Krankheitsbild
Die meisten Infektionen laufen asymptomatisch ab (ca. 80%). Bei 20% der Patientinnen und Patienten zeigen sich grippeähnliche Symptom mit plötzlichem, hohem Fieber (= leichtes West-Nil-Fieber), Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Symptomen, eventuell Schnupfensymptomen, Lymphknotenschwellungen und Hautflecken. Die Inkubationszeit beträgt 2-8 Tage. Innerhalb von 7-10 Tagen erfolgt meist ein Abklingen der Symptome.
In seltenen Fällen (0,7%) kann es zu einer West-Nil-Meningitis oder -Enzephalitis kommen. Mögliche Symptome:
- Bewusstseinstrübung
- Koordinationsstörungen
- Schluckbeschwerden
- extreme Müdigkeit
- Schwindel
- Verhaltens- und Persönlichkeitsänderungen
Folgen einer schweren Erkrankung können sein:
- Hepatitis
- Myokarditis
- Nephritis
- Pankreatitis
- Splenomegalie
gekoppelt mit einer langen Rekonvaleszenz
Diagnostik
Bei Reiserückkehrern aus Regionen mit beschriebenen WNV-Infektionen sollte bei Patientinnen und Patienten mit äthiologisch unklaren Enzephalitiden eine entsprechende Diagnostik durchgeführt werden. Ein weiteres Kriterium für eine solche Diagnostik , wäre eine gehäuftes Auftreten von Fällen mit unklarem Fieber mit oder ohne Ausschlag.
Nach Möglichkeit Versand der Proben an ein Speziallabor.
Frühe Erkrankungsphase: RT-PCR in Vollblut, Serum oder Liquor
weiterer Verlauf: Antikörper Nachweis in Liquor und Serum (West-Nil-Virus-ELISA Nachweis von IgM und IgG)
Therapie
Es existiert keine spezifische Therapie. Abgesehen von den schweren Verläufen, heilt die Erkrankung in der Regel komplett aus. Bei Encephalitis Patientinnen und Patienten sind Spätfolgen relativ häufig. Hier liegt die Mortalität bei 5 -10%.
Impfung
keine
Prophylaxe
Persönlicher Schutz
- tragen heller und langer Kleidung
- Auftragen von wirksamen Repellents (Insektenschutzmittel)
- Schlafen unter einem Moskitonetz
- Insektenschutzgitter anFenstern
Vermeidung von Brutstätten
- Entleeren von Wasserbehälter mindestens einmal pro Woche (Vogeltränke, Blumenuntersetzer, Planschbecken, Spielzeug etc.)
- Vermeidung von Wasseransammlungen wie in Gießkannen, Reifen, leere Blumenkästen, Aschenbecher, Sandspielzeug etc.
Meldepflicht
Es besteht nach §7, Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine Meldepflicht für den direkten oder indirekten Erregernachweis (Arbovirus-Erkrankungen).
Sicherheit von Blutprodukten
WNV kann auch durch nicht virusinaktivierte Blutprodukte übertragen werden und zum Teil schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Die EU-Direktive 2004/33/EG sieht vor, dass potenzielle Blutspender 28 Tage nach Verlassen eines Gebiets mit fortlaufender Transmission des WNV auf Menschen von der Spende zurückgestellt oder auf WNV-RNA untersucht werden, wenn aus den Spenden Blutprodukte hergestellt werden, die keinem Verfahren zur Virusinaktivierung unterzogen werden. Dies gilt auch für entsprechende Gebiete in Deutschland. Das Paul-Ehrlich-Institut als zuständige Bundesoberbehörde wird fortlaufend zu neuen Erkenntnissen über die Situation in Deutschland informiert und hat ab 2020 die Rückstellung von Spendewilligen bzw. die Testung auf WNV-RNA zwischen dem 1. Juni und dem 30. November ab 2020 angeordnet. WNV-Infektionen bei Blut spendenden Personen sind sowohl nach Infektionsschutzgesetz als auch nach § 22 Transfusionsgesetz an das RKI meldepflichtig.